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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.02.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 697/04
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, BeschFG, TzBfG
Vorschriften:
KSchG § 1 Abs. 1 | |
KSchG § 4 | |
KSchG § 4 Satz 1 | |
KSchG § 7 | |
BGB § 140 | |
BGB § 670 | |
BeschFG § 1 Abs. 5 | |
TzBfG § 4 Abs. 2 |
Aktenzeichen: 6 Sa 697/04
Verkündet am: 17.02.2005
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 08.07.2004 - AZ: 4 Ca 491/04 - wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 83,96 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.02.04 zu zahlen.
Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien haben einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen, wonach der Kläger ab 01.01.2004 befristet bis zum 31.12.2005 beschäftigt werden sollte, wobei eine Kündigung vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses nicht ausgeschlossen und eine Probezeit mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende vereinbart wurde. In I des Vertrages steht: Es (das Arbeitsverhältnis) beginnt mit dem Tag der Arbeitsaufnahme .....
Zuvor hatten sich die Parteien auf den Arbeitsvertragsbeginn 01.12.2003 geeinigt, was jedoch auf Wunsch des Klägers auf den 01.01.2004 geändert wurde. Mit Schreiben vom 11.11.2003 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass das Vertragsangebot unter dem Vorbehalt des positiven Ergebnisses der ärztlichen Untersuchung durch den werksärztlichen Dienst gemacht sei und er sich rechtzeitig vor dem Einstellungstermin bei dem Werksarzt melden solle.
Den auf Seite 1 bezüglich des Eintrittsdatums geänderten Vertrages hat die Beklagte mit Schreiben vom 26.11.2003 an den Kläger geschickt, wobei wegen der weiteren Einzelheiten auf die zu den Akten gereichten Kopien (Bl. 8-13 d. A.) verwiesen wird.
Da der Kläger den vom Werksarzt vorgesehenen Termin nicht wahrnehmen konnte, haben die Parteien vereinbart, dass sich der Kläger auch bei einem externen Arzt untersuchen lassen könne.
Nachdem am 27.11.2003 dem Kläger telefonisch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt wurde, hat die Beklagte mit Schreiben vom 28.11.2003 eine Kündigung zum 31.12.2003 erklärt.
Am 01.12.2003 hat sich der Kläger bei dem externen Arzt untersuchen lassen woraus eine Honorarkostenforderung in Höhe von 83,96 € entspringt, welche die Beklagte nicht erstattet hat.
Seine Klage, welche am 13.02.2004 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, wendet sich gegen die erklärte Kündigung und beinhaltet die Forderung bezüglich der Arztrechnung sowie die Bruttovergütung für Januar 2004.
Mit Schreiben vom 11.06.2004 ist die Klage um die Vergütung für Februar 2004 sowie um Hilfsanträge zu 5) und 6), das Beendigungsdatum bzw. Schadenersatzforderung betreffend, erweitert worden.
Der Kläger hat seine Klage im Wesentlichen damit begründet, dass die Unwirksamkeit der Kündigung sich bereits aus der nicht ordnungsgemäßen Durchführung des Betriebsratsanhörungsverfahrens ergebe. Daneben verstoße die Kündigung gegen Treu und Glauben, zumindest sei die Kündigungsfrist falsch berechnet. Diese Frist habe erst mit der geplanten Arbeitsaufnahme zum 05.01.2004 zu laufen begonnen, so dass noch Anspruch auf die Vergütung für die Monate Januar und Februar 2004 in der unstreitigen Höhe von 3.833, € brutto pro Monat bestehe, wobei diese Forderung zu verzinsen sei.
Er sei aus einem auswärts verbrachten Wochenende erst am Morgen des 01.12.2003 zurückgekehrt und habe sich der Untersuchung unterzogen, bevor er die Kündigung der Beklagten in Händen gehalten habe. Aus diesem Grunde sei die Beklagte verpflichtet, die Kosten des Arztbesuches zu erstatten.
Hilfsweise begehre er die Feststellung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2004 und eine Schadenersatzforderung in Höhe von 45.000, € die daraus resultiere, dass ihm durch die kurzfristige Meinungsänderung der Beklagten ein Projektvertrag für den Zeitraum 01.01. bis 30.06.2004 mit einer Vergütungshöhe von 45.000, € entgangen sei.
Der Kläger hat beantragt,
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 28.11.2003 nicht zum 31.12.2003 beendet wurde, sondern darüber hinaus fortbesteht.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.833, € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.02.2004 zu bezahlen (Vergütung Januar 2004).
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 83,96 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins hieraus seit 01.02.2004 zu bezahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.833, € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins hieraus seit 01.03.2004 zu bezahlten (Vergütung Februar 2004).
Hilfsweise - für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag 1 -
5. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 28.11.2003 nicht zum 31.12.2003 beendet wurde, sondern zumindest bis 28.02.2004 fortbestanden hat.
Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit Antrag 1 bis 5.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadenersatz in Höhe von 45.000, € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit 01.02.2004 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat diesen Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass die Klage verspätet sei und deshalb alle möglichen Mängel geheilt seien.
Ein Anspruch auf Übernahme der Arztkosten aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis sei nicht gegeben, weil vor Wahrnehmung des Arzttermines dem Kläger die Kündigung bereits zugegangen gewesen sei. Nach Zugang der Kündigung hätte der Kläger nämlich nachfragen müssen, ob noch ein Interesse der Beklagten an der ärztlichen Untersuchung bestehe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage in vollem Umfange abgewiesen und dies damit begründet, dass die Kündigung der Beklagten vom 28.11.2003 das noch nicht in Vollzug gesetzte Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam zum 31.12.2003 beendet hat.
§ 4 Satz 1 KSchG in der neuen Fassung ab 01.01.2004 finde auf die vorliegende Kündigungsschutzklage deshalb Anwendung, weil die Neuregelung auch Arbeitsverhältnisse erfasse, die nicht unter den persönlichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 KSchG fallen. Der Kläger habe mit seiner Klage die Kündigungsfrist, die nach Eintritt der neuen Gesetzeslage zum 01.01.2004 begonnen habe, nicht gewahrt, so dass die Fiktion des § 7 KSchG eingreife.
Aber auch wenn man dieser Auffassung nicht folgen wolle, so dass § 4 Satz 1 KSchG neuer Fassung erst auf die Kündigung Anwendung finde, die ab dem 01.01.2004 zugehen, seien keine Unwirksamkeitsgründe erkennbar. Weder das Anhörungsverfahren wegen der beabsichtigten Kündigung des Klägers sei fehlerhaft durchgeführt noch seien Anhaltspunkte für einen Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben bei Ausspruch der Kündigung erkennbar.
Der Personalausschuss bei der Beklagten habe um 14:11 Uhr am 28.11.2003 eine abschließende Stellungnahme abgegeben, so dass das Anhörungsverfahren als ordnungsgemäß durchgeführt zu betrachten sei, da Mängel im Anhörungsverfahren im Verantwortungsbereich des Betriebsrates nicht unmittelbar zur Unwirksamkeit der Kündigung führen würden.
Auch die kurzfristige Meinungsänderung, da am 26.11.2003 noch der geänderte Arbeitsvertrag übersandt wurde und man am nächsten Tag bereits mitteilte, dass man nun doch am Arbeitsverhältnis nicht festhalten wolle, lasse nicht ohne weiteres hinzutreten, von weiteren Umständen einen rechtsmissbräuchlichen Kündigungsrechtsgebrauch erkennen.
Die Kündigungsfrist könne deshalb nicht überprüft werden, weil § 4 Satz 1 KSchG alle Unwirksamkeitsgründe, damit auch eine zu kurze Kündigungsfrist erfasse. Zu der richtigen Kündigungsfrist komme man nur über die Umdeutung, § 140 BGB, der ein nichtiges Rechtsgeschäft voraussetze, was eine Kündigung mit falscher Frist darstelle.
Es könne jedoch offen bleiben, weil die Beklagte mit richtiger Kündigungsfrist gekündigt habe, da keine entgegenstehende Vereinbarung getroffen worden sei, das Arbeitsverhältnis vor Dienstantritt kündigen zu können. Wenn keine Regelung bestünde, ab wann die Kündigungsfrist bei ordentlicher Kündigung vor Vertragsbeginn laufen solle, liege eine Vertragslücke vor, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sei. Da die Parteien eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart hatten, wobei in dieser Zeit der Tarifvertrag für anwendbar vereinbart wurde und angesichts der Tätigkeit, die der Kläger als Software-Ingenieursspezialist bei der Beklagten annehmen sollte, sprechen dafür, dass ein beiderseitiges Interesse an einer kurzfristigen Aufnahme der Beschäftigung bei erklärter Kündigung gewollt gewesen sei. Während der Einarbeitungsphase sei der Kläger noch nicht in der Lage gewesen, die volle Arbeitsleistung zu erbringen, so dass Rückfragen und Orientierungsgespräche erforderlich gewesen seien, was dazu führe, anzunehmen, eine intensive Einarbeitung durchzuführen, wenn bereits feststehe, dass an einer weiteren Zusammenarbeit zumindest bei einem Vertragspartner kein Interesse mehr bestehe. Dies führe dazu, anzunehmen, dass die Kündigungsfrist bereits mit Zugang der Kündigung zu laufen beginnen, so dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2003 beendet worden sei.
Mit diesem Ergebnis würden auch Vergütungsansprüche des Klägers für Januar und Februar 2004 entfallen.
Ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der Arztkosten durch die Beklagte in unstreitiger Höhe von 83,96 € seien deshalb nicht gegeben, weil dem Kläger die Kündigung, laut seiner Angabe in der Klageschrift, am 29.11.2003 zugegangen sei. Nach Zugang dieser Kündigung habe er nicht mehr ohne weiteres davon ausgehen können, dass die Durchführung der ärztlichen Untersuchung noch im Interesse der Beklagten gelegen habe. Er sei deshalb verpflichtet gewesen, Rücksprache bei der Beklagten wegen der Wahrnehmung des Arzttermines zu halten. Auch wenn er im Zeitpunkt der Untersuchung von dem Zugang der Kündigung noch keine Kenntnis gehabt haben sollte, so habe man ihm doch am 27.11.2003 bereits eine Kündigung angekündigt.
Ein Anspruch auf die hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzforderung sei deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte ein ihr vertraglich und gesetzlich eingeräumtes Recht wahrgenommen habe, woraus sich kein Schadenersatz ableiten lasse.
Nach Zustellung des Urteils am 20.07.2004 hat der Kläger Berufung am 19.08.2004 eingelegt, welche innerhalb verlängerter Frist am 19.10.2004 im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die am 29.11.2003 zugegangene Kündigung nicht unter ein Gesetz gestellt werden könne, welches erst am 01.01.2004 in kraft getreten sei und eine Klagefrist aufstelle. Niemand habe mangels öffentlicher Diskussion die Tragweite der Neuregelung im Kündigungsschutzgesetz erkennen können, zumal das Gesetz erst am 24.12.2003 in dritter Lesung erlassen und in Druckform erst Mitte Januar 2004 vorgelegen habe.
Die gesetzliche Regelung trage dem Rechtstaatsprinzip und dem Grundsatz des Vertrauensschutzes zuwenig Rechnung, weil der Bürger darauf vertrauen müsse, dass eine gesetzliche Regelung zu einem bestimmten Zeitpunkt Gültigkeit hat und gesetzliche Neuregelungen erst mit einer bestimmten Übergangsfrist in Gang gesetzt würden. Hier liege ein Fall der unechten Rückwirkung vor, der den Vertrauensschutz nicht verdrängen könne.
Ferner seien gerade bei Kündigungserklärungen die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung maßgeblich, so dass Umstände, zwischen Absendung und dem Zugang der Erklärung nicht berücksichtigt würden. Die Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes im Falle der Umsetzung des arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes und der Einführung der einheitlichen Klagefrist nach § 1 Abs. 5 Beschäftigungsförderungsgesetz, welches ohne Übergangsregelung zum 01.10.1996 in kraft getreten sei, sei mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Bei einem Arbeitnehmer, der wisse, wann sein befristetes Arbeitsverhältnis ende, verbleibe ausreichend Zeit, da der Zeitpunkt bestimmt sei, sich Rechtsrat einzuholen. Im vorliegenden Falle habe keine Veranlassung bestanden, da bislang keine Frist in Gang gesetzt gewesen sei, sich umgehend an einen Rechtskundigen zu wenden, so dass die Parallelen zu der eingangs erwähnten BAG Entscheidung nicht erkennbar seien.
Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört, was sich daraus ergebe, dass nach schriftlicher Information um 12:09 Uhr der Personalausschuss um 14:11 Uhr abschließend zur beabsichtigten Kündigung Stellung genommen habe. Wann zwischen beiden Zeitpunkten die Tagung des Personalausschusses habe stattfinden können, sei nicht vorgetragen und müsse von der Beklagten dargelegt werden, da diese für die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung darlegungs- und beweispflichtig sei.
Die Beklagte habe sich bei der Kündigungserklärung auch höchst treuwidrig verhalten, was sich schon allein daraus ergebe, dass sie mit den entsprechenden ausgehandelten Änderungen des Arbeitsvertrages voll einverstanden gewesen sei und diesen auch zur Unterschrift in geänderter Form dem Kläger zugeschickt habe, so dass man nicht bereits am nächsten Tag ihrer Meinung sein dürfe.
Die Beklagte habe auch nicht die zutreffende Kündigungsfrist gewählt, denn weder die vorgesehene Tätigkeit habe einer Einarbeitungszeit von vier Monaten bedurft, da der Kläger bereits entsprechende Vorkenntnisse und Berufserfahrung aufzuweisen habe. Der Kläger habe seine Vorkenntnisse und seine Tätigkeit als Projektleiter bereits in der Bewerbung zu einem Lebenslauf nachgewiesen, weswegen es zur geplanten Einstellung überhaupt gekommen sei.
Außerdem habe man ihm erklärt, dass er bereits in ein Kundenprojekt fest eingeplant sei, so dass eine lange Einarbeitungszeit nicht habe erfolgen können. Auch die Vereinbarung der Probezeit spreche nicht gegen die Auffassung des Klägers, dass der Beginn der Kündigungsfrist erst mit tatsächlichem Arbeitsvertragsbeginn bzw. der tatsächlichen Arbeitsaufnahme zu laufen beginne. Die Probezeit spiele im vorliegenden Falle deshalb keine Rolle, weil die vereinbarten Tarifverträge in der Probezeit eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende vorsehe und die Beklagte hieran gebunden sei.
Da also keine Gründe für ein beiderseitiges Interesse an einer kurzfristigen Beschäftigung sprechen würden, könne die Kündigungsfrist erst mit Arbeitsantritt in Gang gesetzt werden, so dass das Beschäftigungsverhältnis zum 31.01.2004 habe beendet werden können, so dass die Beklagte sich seit 01.01.2004 in Annahmeverzug befunden habe.
Der Kläger könne sich mit der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist durch die Beklagte gerichtlich zur Wehr setzen, weil die 3-Wochen-Frist des § 4 mit der Wirkung des § 7 KSchG nF bei der Rüge der nicht ordnungsgemäßen Einhaltung der Kündigungsfrist keine Anwendung finde.
Die Beklagte sei auch zum Ersatz der Arztkosten verpflichtet, da dieser Arztbesuch auf alleinigen Wunsch und alleinigem Interesse der Beklagten stattgefunden habe und sie die Übernahme der Kosten auch zugesagt habe.
Der Kläger habe im Zeitpunkt des Arztbesuches nicht gewusst, zu wann die Kündigung habe gelten sollen und sei davon ausgegangen, dass er trotz der telefonischen Ankündigung noch zur Arbeit antreten solle.
Wenn die Kündigungsfrist erst mit tatsächlicher Arbeitsaufnahme in Gang gesetzt habe werden können, so habe das Arbeitsverhältnis bis zum 29.02.2004 bestanden, so dass auch bis dahin eine Vergütungspflicht der Beklagten bestünde.
Der Kläger halte an dem bislang geltend gemachten Schadenersatzanspruch in Ziffer 6 der Klage nicht mehr fest, so dass er nunmehr beantragt,
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 08.07.2004 wird abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 28.11.2003 nicht zum 31.12.2003 beendet wurde, sondern darüber hinaus fortbesteht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 83,96 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins hieraus seit dem 01.02.2004 zu bezahlen.
Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag Ziffer 1 wird beantragt,
4. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 28.11.2003 nicht zum 31.12.2003 beendet wurde, sondern zumindest bis 28.02.2004 fortbestanden hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass die Kündigungsfrist mit Zugang der Kündigungserklärung habe zu laufen begonnen, weil sich der Kläger habe mindestens vier Wochen, wovon er selbst ausgehe, sich in seine neue Tätigkeit einarbeiten müssen, zumal es für ihn eine fremde Organisation mit unbekannten Mitarbeitern und betriebsspezifischen Regelungen und Arbeitsabläufen sich gehandelt habe.
Zudem sei die Arbeitsaufgabe des Klägers sehr hochwertig und spezialisiert gewesen, so dass sie nicht aus dem Stand habe bewältigt werden können.
Der Betriebsrat sei am 28.11.2003 um 12:09 per E-Mail, welches an die Betriebsratsvorsitzende und den Vorsitzenden des Personalausschusses gerichtet gewesen sei, im erforderlichen Umfange informiert worden, was sich aus dem Schreiben vom 28.11.2003 entnehmen lasse.
Die Beklagte hatte angesichts der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Personalausschuss keine Veranlassung, nachdem die abschließende Stellungnahme am 28.11.2003 um 14:11 Uhr per E-Mail eingegangen sei, an der ordnungsgemäßen Beschlussfassung des Personalausschusses zu zweifeln.
Die in Artikel 1 des Gesetzes zur Reform am Arbeitsmarkt enthaltenen Neuregelungen zum Kündigungsschutzgesetzt enthielten keine Übergangsvorschriften, so dass Artikel 5 gelte, wonach das Gesetz zum 01. Januar 2004 in kraft tritt.
Dies, obwohl zu den in Artikel 3 geregelten Änderungen des SGB III als auch in Artikel 4 b zum Arbeitszeitgesetz Übergangsvorschriften ergangen sind, so dass die Neuregelung, die die Einhaltung der 3-Wochen-Frist auch bei Nichteingreifen des Kündigungsschutzgesetzes, erfordert, für den Kläger gelte.
Das Gesetz sei am 30.12.2003 im Bundesgesetzblatt verkündet und nach der Verkündung am 01.01.2004 in kraft gesetzt worden, weswegen es nicht erforderlich sei, auf das Anhörungsverfahren weiter einzugehen.
Man halte daran fest, dass die Parallelen zur Entscheidung des BAG zur Neufassung des § 1 Abs. 5 Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25.09.1996, welches am 01.10.1996 in kraft getreten sei, auf den vorliegenden Falle anwendbar sei. Auch eine vom Kläger behauptete Treuwidrigkeit der Kündigung hätte innerhalb der seit 01.01.2004 laufenden Klagefrist geltend gemacht werden müssen und die Kündigungsfrist sei richtig berechnet, da eine Erklärung mit Zugang wirksam werde und den Fristbeginn auslöse.
Ein Anspruch auf Erstattung der verauslagten Arztkosten bestünde deshalb nicht, weil der Kläger nicht mehr davon ausgehen durfte, dass die Aufwendungen noch erforderlich seien. Der Kläger habe fernmündlich erfahren, dass man das Arbeitsverhältnis nicht durchführen und kündigen wolle, weswegen der Kläger hätte nachfragen müssen, ob die Untersuchung noch Sinn mache.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird zur Ergänzung des weiteren Vorbringens auf den Inhalt der Schriftsätze die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden nebst deren Anlagen, die Gegenstand er mündlichen Verhandlung gewesen sind, ebenso wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist nur insoweit begründet, als er die Erstattung der von ihm unstreitig verauslagten Arztkosten für die Eignungsuntersuchung, welche am 01.12.2003 stattgefunden hat in der unstreitigen Höhe von 83,96 € fordert, während sie im Übrigen als unbegründet deshalb zurückzuweisen ist, weil das Arbeitsgericht zu Recht die Klage insoweit abgewiesen hat.
Das Arbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Kläger die Frist des § 4 Satz 1 KSchG nF mit seiner Klage, welche am 13.02.2004 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, nicht eingehalten hat, so dass die Wirkung des § 7 KSchG eingreift.
Damit ist der Kläger mit den Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Kündigung ausgeschlossen, die sich auf die nicht ordnungsgemäße Durchführung des Betriebsratsanhörungsverfahrens stützen und auf die behauptete treuwidrige Ausübung des Kündigungsrechtes. Diese Unwirksamkeitsgründe fallen unter den ausdrücklichen Wortlaut des § 4 KSchG und können, da die Klage insoweit nicht zulässig ist, nicht mehr überprüft werden.
Bezüglich der Frage, ob die Kündigungsfrist von der Beklagten eingehalten ist, schließt sich die Berufungskammer der Auffassung an, wonach Kündigungserklärungen mit Zugang wirksam werden, so dass bei den vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende, IV Ziffer 6 des Arbeitsvertrages, deshalb beachtet ist, weil zum 31.12.2003 gekündigt worden ist. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht auf die Frage an, ob nicht eingehaltene Kündigungsfristen unter den Regelbereich des § 4 KSchG fallen, weil man dann, wenn eine Kündigungsfrist nicht eingehalten ist, zur Unwirksamkeit der Kündigung kommt oder ob man nicht der Erklärung mit falscher Kündigungsfrist nicht zugleich auch eine im Wege der Umdeutung zu gewinnende ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen, zulässigen Kündigungstermin entnehmen kann.
Zu Recht geht das Arbeitsgericht davon aus, dass § 4 Satz 1 KSchG nF ab 0101.2004 anwendbar ist, also auch auf die Kündigung, die dem Kläger bereits im November 2003 zugegangen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat in der von der Beklagten zitierten Entscheidung im Zusammenhang mit der Einführung einer Klagefrist in § 1 Abs. 5 Beschäftigungsförderungsgesetz entschieden, dass dann, wenn Übergangsregelungen vom Gesetzgeber nicht eingebaut werden, die neuen gesetzlichen Vorgaben auf alle Vorfälle anwendbar sind, die unter der Geltung des neuen Rechtes erfolgen. Das Bundesarbeitsgericht ist bei dieser Auffassung geblieben, als es um die Bewertung des § 4 Abs. 2 TzBfG gegangen ist (BAG Urteil vom 11.12.2003, AZ: 6 AZR 64/03).
Auch dort ist das TzBfG ohne Übergangsregelung in kraft gesetzt worden, so dass sich die Bestimmungen auf alle Sachverhalte erstrecken, die sich im neuen Geltungsbereich verwirklichen. Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass hierunter auch Verträge, es ging um Tarifverträge, die bereits vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes vereinbart gewesen seien, sich an den Maßstab des Gesetzes messen lassen würden. Es hat dabei ausgeführt, dass eine echte, unzulässige Rückwirkung des Gesetzes deshalb nicht vorliege, weil der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereiches nicht auf einen Zeitpunkt zurückgelegt wird, der vor dem Zeitpunkt liegt, zudem sie in kraft getreten ist. Das Kündigungsschutzgesetz in neuer Fassung erfasst von seinem formellen Regelungsbereich auch nicht Vorfälle, die vor seinem Inkrafttreten liegen, weil es erst für Klagen gegen Kündigungen eine 3-wöchige-Frist und zwar in jeglicher Form einführt, die ab 01.01.2004 zu laufen beginnt. Damit begann für alle vor diesem Zeitpunkt und auch außerhalb der 3-Wochen-Frist liegenden Kündigungserklärung eine Frist zu laufen, die zwingend einzuhalten ist.
Den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes hat das Bundesarbeitsgericht dort in dem dort entschiedenen Falle als ausreichend berücksichtigt bewertet, weil es bereits eine Richtlinie des EG-Rates gegeben hat, die es von der Bundesregierung demnächst umzusetzen galt.
Die Berufungskammer geht dabei davon aus, dass der Vertrauensschutz des Klägers nicht höher zu bewerten ist wie der eines Arbeitnehmers, der unter den erhöhten Bestandsschutz des Kündigungsschutzgesetztes gestellt war, jedoch von der Pflicht, innerhalb von 3 Wochen nach Zugang einer Kündigungserklärung, Kündigungsschutzklage zu erheben, wollte er die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend machen. In diesem Zusammenhang ist ständig die Auffassung vertreten worden, dass sich jeder Arbeitnehmer, dem eine Kündigung zugeht, unverzüglich bei kompetenten Stellen Rat holen muss, wollte er bislang nicht die Gefahr laufen, mit Versäumung der 3-Wochen-Frist, die Wirksamkeit der Kündigung nach § 7 KSchG eintreten zu lassen. Die Situation des Klägers ist die gleiche wie diejenige, die der Arbeitnehmer, der unter der alten Regelung eine Kündigung erhielt, dass nämlich die Unkenntnis gesetzlicher Vorgaben kein Entschuldigungsgrund sind, was im Rahmen der Zulassungsverfahren bei verspätet erhobener Kündigungsschutzklage ständig vertreten worden ist. Wenn ein Arbeitnehmer von einer bestehenden Frist keine Kenntnis hat oder aber ein Arbeitnehmer von einer neu eingeführten Frist keine Kenntnis hat, macht für die Berufungskammer keinen derartigen Unterschied, der es rechtfertigen würde, von einer unbilligen und grundgesetzlich verbriefte Rechte der Bürger tangierenden Neuregelung auszugehen.
Nach dem Vorstehenden ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts, soweit es um den Bestand und das Ende des Vertragsverhältnisses geht, mit zutreffenden Erwägungen richtig entschieden, so dass die Berufung zurückzuweisen ist.
Das arbeitsgerichtliche Urteil ist jedoch dort abzuändern, wo es die Klage bezüglich der Erstattung der verauslagten Arztkosten abweist. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Zahlung, wobei über die grundsätzliche Kostentragungslast der Beklagten kein Streit besteht, weil diese den Kläger mit Schreiben vom 11.11.2003 zum werksärztlichen Dienst verwies, um die Einstellungsuntersuchung durchführen zu lassen, ohne darauf abzuheben, wer die Kosten der Untersuchung zu tragen hat. Die Beklagte geht auch davon aus, dass die Untersuchung im Interesse der Beklagten stattfindet, wobei sie nur davon ausgeht, dass der Kläger nicht mehr nach telefonischer Mitteilung davon ausgehen durfte, dass er Aufwendungen verursachen kann, weil er sie nach den Umständen nicht mehr für erforderlich halten durfte, § 670 BGB, da eine Kündigung angekündigt war.
Nach Sinn und Zweck der Untersuchung ist davon auszugehen, dass sie im Interesse des Arbeitgebers stattfindet, der wissen will, ob der in Aussicht genommene Arbeitnehmer auch gesundheitlich in der Lage ist, die übertragenen Tätigkeiten auszuführen oder ob gesundheitliche Probleme einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen. Sinnvollerweise hat die Beklagte auch, was zulässig ist, das Zustandekommen des Arbeitsvertrages unter den Vorbehalt des positiven Ergebnisses der ärztlichen Untersuchung gestellt, was bedeutet, dass die Beklagte eine Bedingung aufgestellt hat und diese solange Bestand hat, wie sie davon nicht ausdrücklich abrückt. In dem Kündigungsschreiben selbst vom 28.11.2003 wird die Frage der Vorstellungsuntersuchung nicht erwähnt. Dabei ist aber auch zu beachten, dass dann, wenn der Kläger den Termin des Werksarztes hätte wahrnehmen können, die Kosten bereits angefallen gewesen wären, bevor die Kündigung erklärt worden ist. In anderen Bereichen spricht man dabei von Sowiesokosten die bei jeder Fallgestaltung anfallen, so dass, wenn das Arbeitsverhältnis wie ursprünglich geplant, zum 01.12.2003 in Vollzug hätte gesetzt werden können, im Zeitpunkt der Kündigungserklärung die Kosten ebenfalls bereits angefallen wären.
Die Berufungskammer steht jedenfalls auf dem Standpunkt, dass die Beklagte hätte in dem Telefonat den Kläger darauf hinweisen müssen, dass eine ärztliche Einstellungsuntersuchung jetzt nicht mehr erforderlich ist und nicht der Kläger, der insoweit einen Auftrag von der Beklagten erhalten hatte, wenn auch im vorvertraglichen Bereich, hätte nachfragen müssen, ob der Auftraggeber an der Durchführung des erteilten Auftrages festhält.
Dieser Betrag ist nebst der geforderten Verzinsung dem Kläger zuzuerkennen, was dazu führt, ihm dennoch die Kosten des Berufungsverfahrens insgesamt aufzuerlegen, weil der Anteil des Obsiegens in der Gesamtschau so geringfügig ist, dass nach § 92 Abs. 2 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG der Kläger in vollem Unfange kostenbelastet ist.
Die Revision an das Bundesarbeitsgericht ist für den Kläger deshalb zugelassen worden, weil die Fragen bezüglich der Geltungsbereiche des § 4 Satz 1 nF KSchG höchstrichterlicher Klärung bedürfen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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